blanka beirut: gedanken,ideen, wortgestecke und satzbrechungen zum tage aus libanesisch deutscher schriftstellerinnensicht

Samstag, 10. Oktober 2009

noble Hüterin der Herztiere

Beim Frühstück bürstet der Regen Muster in den Dreck an Blanka Beiruts Fensterscheibe. Spuren, Straßen, Streifen und Wölkchen. Deshalb öffnet sie heute ihren Wortschrank. Doch da fallen nur lauter Herztiere heraus, auf schweren Buchstabenbeinen und mit Gefährten, leicht wie Herbstlaub wehen sie an Blankas noch Bananen schmeckender Zunge vorbei. Da muss Blanka niesen und gratulieren gleichzeitig, denn da steht die Hüterin der Herztiere mit dem gigantischen Wortpreis in der Hand. Der Regen wird stärker und gebärdet sich raubtierhaft, doch das kann den Tierchen einer Herta Müller nichts anhaben. Funkelnd und fremdfarbig und wechselwarm krönen sie siegessicher die Welt der Poesie und gruppieren sich unorthodox zu dem, was Welt nicht wissen will. Aber nun will sie doch, die Welt. Ha! Zumindest der eine Teil, der andere Teil muss erst wissen, welcher Nationalität die Dame nun ist. Aber Blanka triumphiert, kocht zur Feier des Tages zederngrüne Spinatsoße, färbt dem Nymphensittich die Haare und denkt an die Libanonheimat, wo gerade Mädchen im Grundschulalter unter Schokoladenmasken schwitzen, um schön zu sein, oder verhauen werden, weil sie Mädchen sind. Jetzt protestiert der Nymphensittich los. Und schüttelt den ganzen Spinat ab. Nicht mit mir, kreischt er und fliegt schräg zum Mondlicht ans Fenster. Nur die Stubenfliege küsst mich, denkt Blanka traurig und stößt einen Schokoladentriller aus, um den Vogel zurückzuholen.

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