blanka beirut: gedanken,ideen, wortgestecke und satzbrechungen zum tage aus libanesisch deutscher schriftstellerinnensicht

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Schreckenslogik und weißer Donner

1 Insektengarten, ich geriet aus der Fassung, die Treppe zum gemieteten Zimmer war steil, war ohne Atem, liesz die 2 Monate meines Aufenthalts in der Gastwirtschaft mein Zimmer nicht aufräumen, so dasz es zugewachsen mit Blütendonner und Schlaf

(Friederike Mayröcker)


Schneesternschwarz die heutige Ruhe vor dem Fenster, denkt Blanka Beirut in der Früh‘ und kämmt dem Nymphensittich das Gefieder in Reih und Buch. Dabei versucht sie ihm nochmal die Logik des Verfassungsschutzes zu erklären. Nazis kriegen Geld für ihre Arbeit und Initiativen gegen Nazis werden geschlossen. Eigentlich ist alles ganz logisch, oder? Warum schreit der Nymphensittich dann so herzzerreißend? Liegt‘s am Kamm?

Blanka, Blanka. Die Logik ist Schreckenslogik. Ja doch!

Also auswandern?

Vorerst widmet sie sich Winterarbeiten: Heizung entlüften, Decken wechseln und Taschen füttern. Abends lässt sie sich mit Frau Kairo vom Auge der Welt anschauen: Ein Film Saudi Arabien von Haifa Mansour, eine Fatwa des Scheikhs zwingt zur abaya Vollbedeckung, this is how to conserve women. Konservierte Frauen in der Schleierdose. Stolz zwängen sie sich in die Zwischenräume des Tages, versuchen den feuchten Schrei hinter den Augen sein zu lassen. Ein neunjähriges Mädchen wird verheiratet, eine andere kauft sich einen Taxifahrer, damit sie endlich einen Begleiter für das Fest hat.

Noch am selben Abend atmet Blanka beim Lüften des Schlafzimmers beinahe eine Wespe im Todeskampf ein. Der Nymphensittich flieht durchs offene Fenster in die mit weißem Donner und mit Schlaf zugewachsene Nacht.

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