blanka beirut: gedanken,ideen, wortgestecke und satzbrechungen zum tage aus libanesisch deutscher schriftstellerinnensicht

Mittwoch, 7. September 2011

Textbayram und eigene Nachrichten

Jetzt konnte ich mit dem Schreiben meiner eigenen Nachrichten beginnen.

Zafer Şenocak

Ein Duft von Wassermelone zieht über salzige Wasser und pummelige Stunden vor Gümüldür. Wie süß Umlaute sind, findet Blanka Beirut wieder und wieder und erhascht kurze Zeit später rauchige Notiz ohne ü und ö auf einer deutschen Zeitung. Bloß nicht heimkehren!, denkt sie und wischt hastig das Bild weg. Dann schaut sie nach innen, wo lichtblaue Federn Zeit fächeln und Buchstaben in Bewegung setzen. Diese zappeln nun vor Ungeduld, wollen Wörter und Sätze sein, sich den Abhang zur Fixierung hinunterstürzen. Wissend, dass unten ein papierweiches Tal wartet und Textbayram, ja! Lichtblau auch die Bewegung des Himmels über dem Papier. Wortzwitschern aus dem Schnabel des Federngefährten. Doch eins der Wörter stellt sich quer, heißt Rückflug und will nach Hause. Also müssen Blanka und der Nymphensittich nach dem gemeinsamen Meeresschlaf, der die Federn des Vogels von der ewigen Grauheit befreit hat, die Koffer gen Busbahnhof Taksim ziehen. Der kleine schreibende Schwan aus dem Hotel und ein Pater, der Huren rettet, bringen sie zum Bus. So eine Karawane hat der Busfahrer noch nie gesehen. Eine Lächelkoppel wird deshalb sein Gesicht. Und eine Ewigkeit. Problem yok, problem yok, singt er im Sechsachteltakt und befreundet sich fest mit dem Nymphensittich, der sich von türkischen Wörtern magisch angezogen fühlt. Das schreibende Schwänlein bezahlt inzwischen Blankas Bus- und Zeitrechnung und der Pater erzählt ihr noch sein ganzes Leben. So wächst Blankas Gepäck und wird köstlich schwer, wie Helwa ohne Sesam. Im Flieger schaut sie nicht in die Zeitung, sondern memoriert eigene Nachrichten. Über Finne und Fluken der Zeitdelfine.

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