es gibt diese Nachtfalter, welche die Tränen der Menschen trinken, sage ich zu Ely, Beweinung / Bewaldung der Seele
Friederike
Mayröcker
Das
Leben geht im Schreibtempo weiter, merkt Blanka Beirut an diesem
unerwarteten Winken der Hitzen. Allerdings haben die Nachtfalter
keine Freizeit mehr. Weil Schweine nicht weinen! Sondern nur
schwitzen und töten. Und die anderen zum Weinen bringen. Der
Nymphensittich eilt deshalb nach Syrien und überall hin, um den
Nachtfaltern beim Trinken zu helfen. Vorwärts und rückwärts und
gleichzeitig und arabisch mondig, bitte sehr! Kein Wunder dass er
überfordert ist und rülpst, dickbauchig, ad
dominum, bismillah...
Blanka Beirut kann dem Nymphensittich nicht helfen, denn auch in
ihren Schriften ist Sturm. Meereswellen von Scheitel bis Sohle. Und
dann wird auch noch ein fettes Wolkenschiff vom bunten Hochhaus in
Ehrenfeld verletzt. Zerfasert in Liniengespinste und Partituren.
Blanka singt vom Blattabgrund mit dem Radio: ad
abyssos anima eorum in malis tabecebat.
Doch schaltet sie es endgültig ab. Was soll sie denn noch alles
hören? Aber nirgends ist Blanka vor gesprochenen Worten sicher.
Selbst im Badezimmer dröhnen sie die Rohre hoch. Unter ihrem
Schreibtisch steht die Weide. Sie hat die Stimme des gestreiften
Nachbars, der mit den Katzen spricht. Der Balkon unterhält sich
linkisch über Calamares. In den Beinen Gehirn. Ich esse keine
intelligenten Beine mehr, sagt Blanka zu sich selbst. Muss es nicht
Tentakeln heißen? Jetzt aber Schluss. Sich kümmern muss sie. Um
verfolgte Wortgeschöpfe wie Frieden.
Die letzten Exemplare schreibt sie in den kühlen Handtaschenwald.
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