blanka beirut: gedanken,ideen, wortgestecke und satzbrechungen zum tage aus libanesisch deutscher schriftstellerinnensicht

Freitag, 7. November 2008

Schriftstellerinnenwürde

Mit weiträumigen Gesten und angeschlagener Stimme Blanka Beirut verteilt heute Worte aus ihrem Roman. Dabei verdient Sie ein Drittel ihrer Monatsmiete. Auch deshalb imaginiert sie während der ganzen Lesezeit fest drei Haarknoten auf ihrem Kopf, unorthodox angeordnet. Der Nymphensittich ist die einzige Farbe am Himmel, beinahe ein Neonlicht, als Blanka in die Straßenbahn steigt. War das ein schlechtes Omen? Oder warum spricht sie eine Lesungsbesucherin dort lauthals an: Leben Sie vom Schreiben? Oder hat sie: Sagen Sie bloß, sie könnten DAVON leben gesagt? Abrupt drehen sich etwa vierzehn Köpfe - achtundzwanzig Augen, achtundzwanzig zuckende Nasenlöcher- zu ihr um und stechen zu. Augenmetall. Der Nymphensittich ist ja so sensibel und will sie retten, aber er verpasst die Bahn wieder einmal haarscharf. Bewegen geht nicht, sprechen auch nicht. Also nickt Blanka ganz vorsichtig, an der Fanfalle hoch und runter schrappt die Nase. Es glückt. Kaum dass die Bahn anhält ist Blanka schon wieder draußen. Den U-Bahnschachtausgang versperrt eine giftgrüne kreischende Wolke: Nymphensittichdemonstration. Vergeblich. Die Würde einer Schriftstellerin ist bereits angetastet.

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