Singen wie jeden Morgen,
in jenen ungebückten Stunden…
(Amir Shaheen)
abadan - niemals! Ein gutes Motto für den Tag und keine Urheberechtsverletzung, denkt Blanka Beirut als sie am frühen Morgen aufsteht. Sogleich stellt sie fest, dass sie für die ungebückten Stunden mit Gesang von flügelfrisch Vogelvolk zu kurz ist. Doch der Sommer stelt sich wie ein guter Freund an Blankas Seite und hellt die schreckliche Stundenlänge auf wie Tunnellampe. Auch wenn Blanka so kurz bleibt wie sie ist, gibt’s im Garten Insektenautobahnen und Hibisküsse, nämlich Krankheit des geliebten Euro Geld Geld Geld. Also nichts wie weg an die Westseite der Wohnung des Kollegen, in der es zwar keine Pieppiepfrequenzen gibt, aber echten Mokka aus Nazareth. Mit Masboutmenge Zucker gekocht. Arabisch sei der Kaffee, nicht palästinensisch, sagt der Besitzer. Zweimal. Darüber grübelt Blanka den ganzen Abend. Auch noch, als rund um das Haus bereits Nordseite mit Seeklima und starker Brise herrscht, und die Nachrichten wegwehen wie der Euro. Als Blanka wieder nach Hause geht, sieht sie, wie ein Mann mit lila Gesichtshaut Geld zählt. Eine zahnlose Frau mit Gräben und Hügeln im Gesicht sitzt neben ihm auf der Straße und tippt währenddessen Lotto auf wenigstens zehn Scheinen. Sie lässt die Augen lange über den Zettel schweben, bevor sie ein Kreuzchen macht. Hin und wieder tippt sie mit dem Finger auf dem Zettel hin und her, so als ob sie ihr Glück sorgfältig errechnen würde. Im gegenläufigen Rhythmus beginnt der Mann erneut zu zählen. Minute um Minute hält er weniger in der Hand. Da kommt der Nymphensittich zurück aus Kroatien, fächert vornehm grau wertlose Kuna und Glück aus seinen Flügeln.
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